Nach nunmehr über 13 Jahren habe ich kürzlich meinen
M-Net-Anschluss gekündigt und versorge mich seitdem über
einen anderen Anbieter mit Internet.
Der letzte kleine Tropfen der das Fass zum Überlaufen brachte, aber
sicher nicht der alleinige Auslöser, war die Unfähigkeit
seitens M-Net, den hier seit Anfang 2014 laufenden Glasfaserausbau
zu Ende zu bringen. Bereits Anfang 2014 tauchten die ersten "wir
bauen für sie" Schilder hier im Viertel auf, und erste
kleine Löcher wurden gebuddelt, wenn auch am gegenüberliegenden
Ende des Viertels.
Etwa ab diesem Zeitpunkt war das komplette Viertel
auf der Karte der Stadtwerke auch als "Glasfaser im Bau"
markiert. Auf den "wir bauen für sie"-Schildern
stand als Zeitangabe noch "bis Oktober". Der Fachmann sieht
sofort: Da steht kein Jahr, das wird wohl einen Grund haben. Nur der naive
Normalverbraucher glaubt, es waere von Oktober des gleichen Jahres
die Rede. Selbstverständlich passierte dann nach Buddeln der
ersten paar Löcher erstmal monatelang gar nichts mehr, insbesondere
wurden sie auch nicht mal mehr zugebuddelt. Das blieb dann fast das
komplette Jahr 2014 so, lediglich Mitte Dezember 2014 (!) brach eine
kurze Phase hektischer Aktivität aus, in der tatsächlich
mal gearbeitet wurde, kurzzeitig sogar in der Strasse direkt vor
meinem Haus. Danach wieder monatelang nichts. Erst im Frühjahr
schienen die Arbeiten mal wieder weiterzugehen, und diesmal dann sogar
für mehr als 3 Tage.
Anfang Juli lag dann ein Werbebriefchen mit Einladung zu einem Infotag
mit feierlicher Einweihung eines weiteren Stücks Erlanger Glasfasernetz
am 18.07.2015 im Briefkasten. "Direkt vor ihrer Haustür wird damit
die Zukunft der Kommunikation durchstarten." Die Veranstaltung
war wie erwartet eine nervige Selbstbeweihräucherung, mit
Erlangens Oberbürgermeister Janik und Presse. So unwichtige Fragen wie
wann denn das Netz das hier heute eingeweiht wird tatsächlich mal
fertig gebaut ist, und wann man Internetanschlüsse darüber
endlich bestellen kann, konnte aber leider niemand beantworten.
"Also... ich glaub... vielleicht... so ca.... Ende des Jahres"
So Details würden
auch nur die wir-sind-die-tollsten Eierkraulerei von Politik, Presse
und M-Net-Vorständen stören. Dementsprechend war dann auch
der folgende Artikel in den Erlanger Nachrichten: davon dass
bestenfalls die Hälfte der beiden an diesem Tag eingeweihten
Glasfaser-"cluster" fertig gebaut war fand sich kein Wort.
Nur 3 Tage nach der Einweihungsfeier (21.07.2015) wurde dann bei mir im
Keller jedoch tatsächlich der Patchkasten für die Glasfaser
installiert - also so richtig mit Glasfaser drin. Leider ist das
bis heute (03.10.2015) noch immer Stand der Dinge, seit Ende Juli hat
sich rein gar nichts getan. M-Net muesste nur noch den Umsetzer von
Glasfaser auf Kupfer daneben setzen, dann könnte man
anschliessen. Das kriegen sie aber seit Monaten nicht hin.
Lediglich der Verfügbarkeits-Check für Glasfaser an meiner
Anschrift auf der M-Net-Webseite wechselt
seit mindestens einem Jahr alle paar Monate
zwischen "bald verfügbar" und "nicht
verfügbar" hin und her, das tut er nach wie
vor.
Durch die ewige Nicht-Verfügbarkeit eines zeitgemässen
Anschlusses bei M-Net war ich gezwungen, mich nach Alternativen
umzusehen, denn das 16 MBit DSL mit real inzwischen eher 11 MBit
machte wirklich keinen Spass mehr. Und dabei fiel mir dann leider
auf, wie schlecht M-Net mittlerweile geworden ist:
- Abzocke mit Vertragslaufzeiten.
Zwar hatte M-Net auch früher eine Mindestvertragslaufzeit
von 2 Jahren um die Anschlusskosten wieder reinzuholen (die man
gegen Zahlung eben jener Anschlusskosten sogar loswerden konnte),
doch konnte man nach Ablauf dieser Mindestlaufzeit relativ
problemlos und kurzfristig kündigen. Mittlerweile hat
M-Net die (nicht durch M-Net entstehenden Kosten zu rechtfertigende)
Unsitte einiger Konkurrenten übernommen, mit Klauseln der
Art "wenn der Vertrag nicht 3 Monate vor Ablauf gekündigt
wird verlängert er sich automatisch um 1-2 Jahre"
Kunden wesentlich länger an sich
zu fesseln, als die das eigentlich wollen. Dieses
Geschäftsgebahren finde ich widerlich.
- Zwangsrouter. M-Net besteht seit ein paar Jahren darauf,
Kunden durch einen mit
kastrierter und schlecht gewarteter Firmware (Sicherheitsupdates
gibts bestenfalls mit grosser Verspätung) versehenen
Zwangsrouter zu gängeln.
Dieses Geschäftsgebahren finde ich widerlich.
- Der Support ist genauso schlecht wie bei der Konkurrenz,
ich hatte ja 2009 schonmal über meine Odyssee beim
Austausch des zum x-ten Mal defekten Modems gebloggt.
Lediglich im Forum passiert es gelegentlich noch, dass man
an einen kompetenten Ansprechpartner gerät, aber
das allein reissts leider nicht raus.
- Bearbeitungszeiten sind katastrophal lang, selbst einfachste
Vorgänge dauern über 4 Wochen.
- Es gibt keine Konkurrenzfähigen Angebote mehr.
Noch nichtmal in den (sehr wenigen!) Glasfaser-Ausbau-Gebieten
weiss M-Net die technische Überlegenheit die es
dort hätte zu nutzen. Es werden nur noch die Angebote
der Konkurrenz kopiert, und zwar schlecht.
Das beste was
M-Net derzeit in den Glasfasergebieten anbietet sind
150 MBit down und 15 MBit up (*). Das Magenta-T bietet bei mir
mit VDSL-Vectoring 100 MBit down und 40 MBit up, und Cablesurf
200 MBit down und 12 MBit up. Das ist alles ungefähr
auf dem gleichen Level, beim Upstream hinkt M-Net sogar
deutlich hinter T her und beim Downstream hinter Cablesurf.
Und das obwohl M-Net hier technisch gesehen
mit Abstand am Besten aufgestellt wäre, und mit Leichtigkeit
die Konkurrenz alt aussehen lassen könnte. Stattdessen
liegen sie nur beim Preis und der schon erwähnten
Zwangsrouter-Gängelung "vorne".
(*) theoretisch gibt es auch noch 300 down / 30 up, aber nur dort
wo FTTH statt FTTB ausgebaut ist, d.h. wo die Glasfaser bis
in die Wohnung geht. Auf diese Weise ausgebaut sind grob
geschätzt vielleicht 10 Einfamilienhäser in ganz Bayern,
beworben wird es von M-Net aber als wäre es praktisch
flächendeckend verfügbar.
- Kundenwünsche haben keine Bedeutung mehr. Um zum Beispiel
von gerade eben zurückzukommen: Eine Erhöhung des
Upstreams ist nicht möglich, obwohl sie technisch
kein Problem wäre. Selbst die Teledumm, der man ja nun
wirklich nicht nachsagen kann, sie würde irgendwelche
Innovationen vorantreiben,
hat inzwischen verstanden, dass in Zeiten der
"Cloud" ein vernünftig dimensionierter
Upstream mehr bringt als nochmal ein paar MBit mehr down
die man ohnehin so gut wie nie ausgelastet bekommt, und
bietet bei den Vectoring-Anschlüssen 40 MBit up. Vor
vielen Jahren, als M-Net noch NEFkom hiess, hatte man
das durchaus verstanden gehabt, und bot gegen Aufpreis
eine Verdoppelung des Upstreams bis zur Grenze des
damals technisch machbaren an.
Anderes Beispiel: M-Net besteht darauf, die
Glasfaser-Anschlüsse mit unsinnig hohen Interleaving-Werten
zu fahren. Das führt dazu, dass diese eine wesentlich
höhere Latenz haben als nötig, was vor allem Online-Spieler
ärgert. Hier ist M-Net sogar zu dumm von sich selbst
richtig zu kopieren: Bei DSL-Anschlüssen kann man dieses Anti-Feature
nämlich gegen Aufpreis abschalten lassen...
- Das Handling von DS-Lite. Um das gleich Vorwegzunehmen:
Mich stört nicht, dass M-Net per default DS-Lite macht,
das ist eine technische Notwendigkeit; mich stört
wie M-Net mit denen umgeht, die aus technischen Gründen
mit DS-Lite nicht auskommen.
Wie fast alle anderen auch, schaltet
M-Net alle neuen Anschlüsse mit DS-Lite, d.h. die
Anschlüsse erhalten keine globalen IPv4-Adressen mehr
und kommen nur noch per NAT ins V4 Internet. Das ist an
sich überhaupt nichts verwerfliches und eine technische
Notwendigkeit, weil die IPv4-Adressen weltweit "alle"
sind - es gibt keine freien Adressen mehr, alle sind vergeben.
M-net kann also nicht einfach für neue Kunden neue Adressen
besorgen, sondern nur die die sie schon haben umverteilen.
Und die gängigste Methode Adressen zu sparen ist nunmal
DS-Lite.
Die meisten Nutzer bemerken das DS-Lite noch nichtmal. Es gibt
allerdings einige wenige Fälle, in denen Nutzer mit
DS-Lite nicht zurechtkommen, und stattdessen noch eine
vollwertige IPv4-Adresse benötigen,
z.B. für manche Home-Automation
und VPN-Geschichten, oder auch manche Spielkonsolen.
Etwa ein Jahr lang liess M-Net diese Nutzer komplett im Regen
stehen. Selbst Nutzer die einfach nur ihren Vertrag umgestellt
hatten bekamen plötzlich DS-Lite aufgedrückt, und
von einem Tag auf den anderen funktionierte ihr VPN / ihre
Spielekonsole nicht mehr. Das war M-Net völlig egal,
und dank 2 Jahren
Vertragslaufzeit konnten die Kunden noch nichtmal zu einem
Provider wechseln der sie nicht verar...t. Ist doch auch viel
gesünder wenn die Spielkonsole nicht geht, dann ist man
öfter mal an der frischen Luft!
Mittlerweile bietet M-Net eine IPv4-Option gegen Aufpreis an.
Das ist an sich genau so wie es sein muss: Wer mit DS-Lite
zurechtkommt kriegt das, wer nicht kriegt gegen einen
Aufpreis doch noch IPv4. Was mir sauer aufstösst ist
der Preis: M-Net kassiert satte 4,90 Euro pro Monat für
diese Option. Angesichts dessen, dass diese Option M-Net keine
laufenden Kosten verursacht, und eigentlich nur eine
Schutzgebühr sein sollte (damit das eben nicht jeder der
das gar nicht braucht dazubucht), ist dieser Preis völlig
überzogen.
Alles in allem finde ich es sehr traurig, was aus dem
einst kundenfreundlichen und innovativen Laden geworden ist.
Angebote wie den SIXXS PoP
mit dem M-Net ab 2003 dem computertechnisch begabten Teil seiner
Kunden ermöglichte, richtig gute IPv6-Konnektivität zu
erhalten, lange bevor ihre Infrastruktur das nativ konnte,
würde es heute sicherlich nicht mehr geben.
Ich hoffe sehr, dass M-Net es irgendwann noch gelingt
das Ruder rumzureissen, und sich wieder in die richtige
Richtung zu entwickeln. Auf mein Geld müssen sie
bis dahin leider verzichten.
Update 1: Nur der Vollständigkeit halber ein kleines Update:
Am 11.12.2015 hat mir M-Net stolz mitgeteilt, dass ich jetzt einen
Glasfaseranschluss bei ihnen bestellen könnte.
Update 2: Seit August 2016 bin ich wieder Kunde bei M-Net. Der
Grund ist zum einen, dass sie zum 01.08. endlich konkurrenzfähige
Angebote mit vernünftig dimensioniertem Upstream eingeführt
haben (bis zu 150 MBit down mit 50 Mbit up);
zum anderen musste M-Net den Routerzwang wegen Gesetzesänderung
zum 01.08. fallen lassen. Der Rest meiner Kritikpunkte bleibt leider
weiterhin bestehen, aber die beiden grössten absoluten
No-Gos für mich waren dadurch weggefallen.
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